Sunshine

Veröffentlicht in der Kategorie Reviews von - Juli 29, 2012
Sunshine

Sunshine ging 2007 bei mir völlig unter. Ich hatte zwar bei Erscheinen den Trailer gesehen und war recht beeindruckt, dennoch habe ich es weder ins Kino, noch in den letzten Jahren geschafft, mir den Film anzuschauen. Damit habe ich ihm allerdings Unrecht getan.

Ganz in der Tradition von Meilensteinen des großen Kinos, wie zum Beispiel Space 2001 haben wir es hier mit einem einzigartig beeindrucken Film zu tun.

Die Story ist einfach und schnell erzählt: In der Zukunft ist die Sonne erloschen. Die Erde versinkt in einem stellaren Winter. Vor sieben Jahren wurde die bemannte Raumfähre Icarus mit dem Ziel zur Sonne geschickt, diese mit einer riesigen Bombe neu zu zünden. Doch die Mission schlug fehl und die Icarus verschwand. Mit allem was die Menschheit noch an Sprengstoff aufwarten konnte, wurde eine zweite Raumfähre losgeschickt, die Icarus II. Gleiche Mission, selbes Ziel. Wir befinden uns nun an Bord der Icarus II., mit Ziel Sonne. Durch einen riesigen Hitzeschild geschützt, soll sich das Raumschiff, das – wenn man sich den Hitzeschild wegdenkt – stark an die „Discovery“ ausSpace 2001 erinnert, nah genug an die Sonne heranfliegen um dann die stellare Bombe zu zünden und zurück zur Erde zu fliegen.

CapaDer Regisseur Danny Boyle versteht es, innerhalb kürzester Zeit eine Beziehung zu den Protagonisten aufzubauen. Die Mannschaft besteht nicht aus Archetypen, wie man vielleicht erwarten könnte. Ohne dabei allzu sehr in die Tiefe zu gehen hat hier jedes Crewmitglied seine ganz eigene Motivation zum Handeln und zum Überleben auf dieser – nun schon 16 Monate dauernden – Mission. Als kurzes Beispiel sei hier der Bordpsychologe genannt, der sich dem Genuss der Sonne im Observationsraum nicht genug hingeben kann und dabei einen echt fiesen Sonnenbrand entwickelt.

Hauptcharakter ist Capa, verkörpert von Cillian Murphy, bekannt als Scarecrow ausBatman Begins und The Dark Knight. Am Anfang noch wie ein halbgarer Fritierkäse daher kriechend, macht der Charakter in den 110 Minuten des Films eine tolle – aber wenig überraschende – Entwicklung durch. Eine subtile Liebesgeschichte darf dabei natürlich nicht fehlen. Wohlgemerkt: Im ganzen Film gibt es keinen einzigen Kuss. Dennoch verspürt man als Zuschauer klar, dass sich zwischen Capa und Cassie (gespielt von Rose Byrne, bekannt aus: Troja) etwas abspielt. Es funktioniert ohne Worte, Berührung oder große Emotionen. Es ist wie ein stilles Verständnis.

Die weiteren Beziehungen der Charaktere spielen sich größtenteils merkbar, aber dennoch subtil ab. So steht der Captain als Vaterfigur für Cassie im Raum, während zwischen Capa und Mace ein großer Dominanzkonflikt besteht. Wir haben hier psychisch gematerte Charaktere und solche, die genau dies nicht zugeben wollen. So lässt Mace, gespielt von Chris Evans fast die ganze Zeit den großen Mann raushängen, wandelt sich aber im Verlauf der Geschichte zu einem tragischen Helden, der seinen Teil der Mission erfüllt und sich opfert.

Ganz besonders zu betonen ist in diesem Film der Aspekt der Frage nach Ethik. Die Situation ist folgende. Die Sauerstoffreserven sind knapp geworden. Man hat nur noch genug Sauerstoff für drei Crewmitglieder, ist aber noch zu viert. Ein Crewmitglied wird des Mordes beschuldigt, also stellt man die Frage, ob man sein Leben opfern soll, um das Überleben der restlichen Crew und damit auch der Erdbevölkerung zu sichern. Tausche ein Leben gegen das Leben von Milliarden. Eine heikle Frage, die weder ethisch noch philosophisch einwandfrei zu beantworten ist.

Ein anderer wichtiger Aspekt bei diesem Film ist zweifellos die Musik. Sie erinnert an das Computerspielt The Digaus dem Hause LucasArts. Ein Klassiker in der Chronik der Computerspiele, entwickelt nach einer Geschichte von Steven Spielberg. Mit vielen klassischen Aspekten, aber auch modernen Elementen wartet der Sunshine Score auf. Fremdartig und dennoch vertraut schafft der Soundtrack, was so viele leider nicht mehr schaffen: Atmosphäre, die allein schon ausreicht, um den Zuhörer in seinen Bann zu ziehen.

Die Effekte des Films sind rund und sauber. Mir fielen beim Schauen kaum Fehler auf und ich hatte an keiner Stelle den Eindruck, es mit Computeranimation zu tun zu haben. Eher – und ich weiß, ich wiederhole mich – erinnert das Bild an Space 2001.

Die große Schwäche des Films ist sicherlich die Laufzeit. Auf knapp 110 Minuten verpackt geht hier viel verloren. Der zwischenmenschliche Konflikt ist deutlich vorhanden, kommt aber zu kurz. Es geht dabei nicht um die Tiefe der Konflikte, sondern um die Bandbreite. Auch hätte ich mir noch mehr Beklemmung im Stil von Alien „Im Weltall hört dich keiner schreien“ gewünscht. Angerissen wird dies immer wieder – allein durch die Gespräche mit dem Bordcomputer, der wiederum stark an Space 2001’s „Hal“ oder „Mutter“ aus den Alien- Filmen erinnert. Eine längere Laufzeit hätte dem Film sicherlich gut getan.

Eine weitere Schwäche ist der Spannungsbogen, der zwar vorhanden, aber nicht sehr groß ist. So hatte ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass die Mission scheitern würde. Die Crew hat zwar viele Hindernisse auf ihrem Weg zu Sonne zu überwinden und die Bedrohung gegen Ende ist gewaltig und es wird sehr knapp, aber so richtig toll spannend wurde es nicht.

Dennoch haben wir es mit einem atmosphärisch dichten und sehr interessanten Film zu tun, der ein deutliches Unterhaltungspotenzial bietet. Für Freunde der Materie sicher ein Genuss. Ich habe es nicht bereut mir diesen weit unterschätzten Film anzusehen – ganz im Gegenteil: Ich wurde gut unterhalten und konnte viele Eindrücke mitnehmen.

Der Film bekommt 4 von 5 Punkten. „Wenn ihr also eines Morgens aufwacht, und es ist ein besonders schöner Tag, dann wisst ihr … dass wir es geschafft haben.“ 

This post was written by Tobi